1 Stunde Flexi Zeit

Eine Stunde Flexizeit - Interview mit Sandra Querg

Sandra Querg ist nach zwei Schwangerschaften in den Service zurückgekehrt – und zwar Vollzeit. Verschiedene Vereinbarungen mit ihrem Arbeitgeber halfen ihr, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Besonders das Arbeitszeitmodell “Eine Stunde Flexizeit” ermöglicht es ihr, Vollzeit und damit ohne finanzielle Einbuße zu arbeiten.

Die Vorgeschichte von Sandra Querg

Im Jahr 2005 begann Sandra Querg in den Albrechtshof Hotels ihre Ausbildung zu absolvieren. Dabei arbeitete sie ein Jahr im Housekeeping, ein Jahr in der Küche und ein Jahr im Restaurant, wo sie als Mitarbeiterin im Service bis heute arbeitet. Auch nach zwei Schwangerschaften stand für sie fest, in den Service und zur Vollzeit zurückzukehren.

Frau Querg_Albrechsthof
Sandra Querg, Servicemitarbeiterin im Hotel Albrechtshof in Berlin Mitte

Interview mit Sandra Querg

HOGALife: Nach Ihrer Elternzeit sind Sie Vollzeit wieder eingestiegen. Gab es Vorabsprachen mit Ihrem Arbeitgeber?

Querg: Noch in meiner Elternzeit habe ich mich mit meiner Abteilungsleiterin zusammengesetzt und ihr ganz genau erläutert, wie mein persönlicher Hintergrund aussieht. Ich habe zwei kleine Kinder, einen Mann, der als Koch im Frühdienst arbeitet, und eine Großmutter, die die Kinder nehmen kann. Daher war für mich klar: Wenn ich ausschließlich im Frühdienst arbeiten kann, dann schaffe ich es, meinen Vollzeitjob im Service wieder aufzunehmen. Das konnte mir meine Abteilungsleiterin auch tatsächlich anbieten.

HOGALife: Wie unterstützt Sie Ihr Arbeitgeber, damit Sie Beruf und Familie vereinbaren können?

Querg: Ich übernehme ausschließlich den Frühdienst im Service und arbeite nur jedes zweite Wochenende. Wenn die Kita spontan geschlossen ist und ich für die Kinder keine Aufsicht finde, kann ich auch mal spontan den Dienst tauschen. Eine Herausforderung war für mich der 8-Stunden-Tag. Nachdem ich angefangen hatte zu arbeiten und oft erst gegen 16:00 oder 17:00 Uhr nach Hause kam, merkte ich, dass ich abends weder für die Kinder noch für mich wirklich Zeit hatte, und das zehrte an meinen Kräften. Ich erzählte meiner Abteilungsleiterin davon. Sie erinnerte sich an ein Modell, das bei einer anderen Kollegin schon einmal gut funktioniert hatte.

HOGALife: Wie sieht das Modell aus?

Querg: Sie schlug mir vor, dass ich vertraglich bei acht Stunden bleibe, aber von diesen acht Stunden sind sieben fest und eine flexibel. Das Arbeitsende um 15:00 Uhr bleibt fest, aber mein Arbeitsanfang variiert, je nach Bedarf des Arbeitgebers und meinen Möglichkeiten, sodass ich mal den späten und mal den frühen Frühdienst machen kann. Beispielsweise arbeite ich in Absprache mit meiner Abteilungsleiterin oft von 8:00 bis 15:00 Uhr. Das ist für mich leichter, um die Kinder morgens wegbringen zu können. Um die Minusstunden auszugleichen, arbeite ich ab und zu von 5:30 bis 15:00 Uhr. Oder am Wochenende von 6:00 bis 16:00 Uhr. Ich bin seitdem viel entspannter und meine Abteilungsleiterin hat Planungsspielraum. Denn wenn ich von 5:30 bis 15:00 Uhr arbeite, decke ich gleich zwei Schichten ab.

HOGALife: Wie hat Ihr Team auf die Extravereinbarungen reagiert, die Sie getroffen haben?

Querg: Das Team hat das super aufgenommen, da gab es keine Probleme. Eifersucht ist auch kein Thema, weil ich ausschließlich Frühdienst mache oder nur jedes 2. Wochenende arbeite. Ich glaube, es herrscht viel Verständnis für die Kolleginnen, die kleine Kinder haben. Und das ist nicht nur im Restaurant so, sondern auch in anderen Abteilungen.

HOGALife: Es gibt ja auch Mütter, die sich nach der Elternzeit gegen den Service entscheiden, weil sie die Vereinbarkeit gefährdet sehen.

Querg: Ich wollte definitiv zurück in den Service. Ich kann mir gar nichts anderes vorstellen. Ich muss natürlich ehrlich sagen, ich würde auch heute noch am liebsten wieder in den Spätdienst. Aber dann denke ich, dass sich meine Kinder freuen mich zu sehen. Ich bin froh, dass das mit dem Frühdienst so gut geklappt hat.

Die Vorteile der Flexizeit

calendar
Nur Frühdienste erleichtern das Planen und ermöglichen pünktliches Gehen
clock
Eine Stunde flexible Arbeitszeit sorgt für Spielraum auf beiden Seiten
enter-1
Wiedereinstieg will geplant sein. Je konkreter die Gespräche im Vorfeld, desto erfolgreicher der Wiedereinstieg.

Download Best Practice

Die Sicht des Unternehmens

HOGALife: Es ist sehr interessant, wie wertschätzend sich das Team gegenüber Kolleginnen und Kollegen verhält, die Extravereinbarungen getroffen haben.

Voll: Die meisten, die in unserer Belegschaft Kinder bekommen, sind schon länger im Albrechtshof angestellt und sehr gut ins Team integriert. Es sind mittlerweile auch Freundschaften entstanden, sodass die Kollegen und Kolleginnen sich häufig freuen, wenn ein Teamkollege oder -kollegin wieder zurückkehrt. Dafür nehmen sie auch Extravereinbarungen in Kauf, um zu gewährleisten, dass die Schichten abgedeckt sind.

HOGALife: Was ist die Herausforderung in Sachen Wiedereinstieg für das Unternehmen?

Voll: Wir müssen genau wissen, was die Person will, wenn sie zurückkommt, und was sie leisten kann. Dazu müssen wir erfahren, welche persönlichen Ressourcen vorhanden sind, um die Schichten abzudecken. Würde die Familie in Berlin die Kinder auch mal nehmen? Gibt es eine Kita und wie sind die Öffnungszeiten? Gibt es einen Partner oder eine Partnerin? Dann ist es unsere Aufgabe, zu schauen, ob wir mit den herausgearbeiteten Wünschen und Limitierungen eine Stelle besetzen können. Das funktioniert nur, wenn die Vorstellungen des Mitarbeitenden durchdacht aber auch an der einen oder anderen Stelle flexibel sind. Beispielsweise ist es auch schon vorgekommen, dass eine Mitarbeiterin der Rezeption ins Housekeeping gewechselt ist, um ausschließlich in den Frühdiensten besetzt zu werden. Das ist das immer wiederkehrende Thema: Sich aufeinander zuzubewegen.

Julia Voll, Direktionsassistentin der Albrechtshof Hotels

Ähnliche Beispiele

Wimber_Profilfoto
Karrierekick Kinder
Interview mit Bianka Wimber
Zerban
Wiedereinstieg in Maßen
Interview mit Amanda Zerban
Bodo Plaul
Der Schöne-Träume-Verkäufer
Interview mit Bodo Plaul