Digitalisierung – Bedarfe kennen und klug investieren

Projektgruppen - Wissen und Erfahrungen der Mitarbeitenden nutzen

Bedarfe und Wünsche der Mitarbeitenden werden typischerweise im Rahmen von Personalentwicklungsgesprächen oder anonymen Mitarbeiterumfragen abgefragt. Ein ganz anderes Konzept, mit dem gleichen Ziel, hat Julia Voll, Direktionsassistentin des Albrechtshofes, zu dem Thema Digitalisierung ausprobiert.

Es gibt eine Menge an digitalen Tools für die Hotelbranche und auch viele Bereiche, die digitalisiert werden können. Um in dieser Vielfalt den Überblick zu behalten und nachhaltige Entscheidungen zu treffen, die den Bedarf treffen, die Arbeit erleichtern und die Mitarbeitenden respektieren, hat Julia Voll eine Projektgruppe zur Digitalisierung initiiert. Die Gruppe setzt sich aus Mitarbeitenden aller Abteilungen und Hierarchien zusammen.

Wie die Idee entstand

Wettbewerb

Ob freies WLAN in den Zimmern, digitaler Check In oder die Onlinebuchung von Tagungsräumen – Gäste erwarten mittlerweile einen gewissen digitalen Standard, dem Gastbetriebe immer mehr gerecht werden müssen. Auch interne Betriebsabläufe werden zunehmend digitalisiert. Allerdings kann die Bandbreite der Angebote neuer Programme, Hardware und Apps kaum noch überschaut werden, sagt Julia Voll, Direktionsassistentin der Albrechtshof Hotels. Die Herausforderung besteht darin, Tools zu finden, die zu den Gästen und zu den Mitarbeitenden passen. Besonders ältere Mitarbeitende sind oftmals skeptisch und ängstlich was digitale Prozessierung angeht. Wenn ein Tool angeschafft wird, muss gewährleistet sein, dass alle es benutzen können und auch benutzen. Damit sich keine zeitaufwendigen Parallelstrukturen entwickeln, wenn Mitarbeitende z.B. ihre Stunden durch die digitale Zeiterfassung dokumentieren aber trotzdem auch eine eigene Liste weiterführen. Um zu digitalisieren, sollten also möglichst viele Meinungen gehört und alle Abteilungen eingebunden werden.

Julia Volls Lösungsansatz: Sie macht aus der Herausforderung Digitalisierung ein Projekt, an dem alle Abteilungen des Hotels teilhaben. Hier werden Informationen gesammelt und ausgewertet, Themen priorisiert und Tools ausprobiert. Ziel ist es, der Geschäftsführung eine klare und fundierte Empfehlung zu geben.

Interview: Diskussion und Transparenz statt vollendete Tatsachen

Julia Voll, Direktionsassistentin der Albrechtshof Hotels, hat für die Albrechtshof Hotels eine Projektgruppe Digitalisierung ins Leben gerufen, die sie seit fast zwei Jahren auch selbst koordiniert.

HOGALife: Welche Auswirkung hat die Existenz der Projektgruppe auf das Unternehmen?

Voll: Durch die Projektgruppe fühlen sich die Mitarbeitenden insgesamt besser eingebunden und informiert. Auch für das Unternehmen hat sich der Aufwand gelohnt: Wir haben uns mit der Gruppe verschiedene digitale Zeiterfassungstools angesehen und befinden uns jetzt gerade in einer Testphase mit einem Anbieter. Wir haben gemerkt, wie wichtig es war, dass wir Mitarbeitende in den Prozess involviert haben. So waren sie nicht überrascht von der kommenden Einführung und können sich langsam an die Veränderung gewöhnen. Der nächste Schritt wird sein, dass wir gemeinsam „digitale Spielregeln“ festlegen. Bei den Mitarbeiter*innen besteht die Sorge, dass Sie mit dem Fortschritt der Digitalisierung immer mehr erreichbar sind und sein müssen – auch im Feierabend. Das wollen und verlangen wir natürlich nicht. Damit das aber auch gelingt, muss es klare Richtlinien geben, an die sich auch alle halten.

HOGALife: Was hat nicht so gut geklappt? Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?

Voll: Für die erste Sitzung der Arbeitsgruppe hatte ich eine externe Begleitung angefordert, die viel Expertise in Sachen Digitalisierung hatte und uns durch einen Design Thinking Workshop weiter an das Thema heranführen wollte. Allerdings konnte sie sich leider nicht in unsere branchenspezifischen Herausforderungen eindenken. Ich habe gelernt, dass gute Vorabsprachen mit dem Experten sehr wichtig sind, damit die Zusammenarbeit erfolgreich ist. Noch besser ist es, wenn die Person selber aus unserer Branche kommt oder sie gut kennt.

HOGALife: Welche Themen eignen sich noch, um in der Projektgruppe bearbeitet zu werden?

Voll: Gemeinsam mit der Projektgruppe haben wir eine Gastumfrage zum Thema Digitalisierung entwickelt. Die Fragen wurden gemeinsam erstellt und mehrfach überarbeitet. Die Ergebnisse liegen uns jetzt  vor und sind noch mal sehr aufschlussreich. Sie zeigen, wo es sich „noch“ nicht lohnt, zu investieren, weil die Zielgruppe den Bedarf noch nicht hat.

Einführung der Projektgruppe

Was ist das Ziel? Welche Meilensteine/Teilziele können gesetzt werden? Mit welchem zeitlichen Verlauf? Wer koordiniert das Projekt? Wie wird Kommunikation gewährleistet?

Die Gruppe sollte möglichst heterogen zusammengesetzt sein, d.h. gemischt nach Alter, Betriebszugehörigkeit, Hierarchie, Abteilungen und auch technischer Affinität und Skepsis gegenüber Neuerungen. 

Der Projektplan schreibt unter anderem fest, zu welchem Zweck die Mitarbeitenden zusammen kommen. Schritt 1 ist zum Beispiel die Sichtung der relevanten aktuellen technischen Möglichkeiten auf dem Markt. Die Möglichkeiten werden von den Teilnehmenden strukturiert und nach Priorität sortiert. Im zweiten Schritt könnten die Anbieter eingeladen werden und ihre Lösungen vorstellen, oder es wird ein Besuch einer Fachmesse eingeplant . So lernt die Projektgruppe die Tools kennen und kann sich ein Bild machen.

Da es aufwendig ist, Arbeitsgruppentreffen zu organisieren, werden diese in großem Abstand stattfinden. Dazwischen arbeitet jede/r seine/ihre Arbeitsaufträge ab. Wichtig ist jetzt eine gute, kontinuierliche Kommunikation, Informationen müssen transparent fließen und die nächsten Schritte klar sein.

Ziel der Arbeitsgruppe ist es, eine fundierte Entscheidung der Geschäftsführung vorzubereiten, d.h. eine klare Empfehlung mit Begründung abzugeben. Dieses Ziel sollte von Beginn an deutlich formuliert werden und immer wieder zur Orientierung dienen.

Die Vorteile der Projektgruppe

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Statt am Bedarf vorbei zu investieren, werden Wissen und Erfahrungen, Bedenken und Bedürfnisse der Mitarbeitenden von Anfang an einbezogen.
creativity
Mitarbeitende beteiligen sich, gestalten, nehmen Einfluss - daher werden sie Entscheidungen eher mittragen. Entscheidende wiederum profitieren vom breiten Praxiswissen und fachlicher Expertise in der Belegschaft, Bedenken und Bedarfe werden nicht übersehen.
education
Geschäftsleitung und Belegschaft kümmern sich gemeinsam um Zukunftsthemen.

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